Internationaler Roll-out von S/4HANA: Punkte zu beachten

Ein internationaler S/4HANA Roll-out birgt spezifische Herausforderungen für Unternehmen. Diese sollten berücksichtigt werden, damit die Einführung gelingt. Einige davon werden nachfolgend diskutiert.

Beim internationalen Roll-out kommen auf Unternehmen zu den üblichen Hürden weitere hinzu. Darüber hinaus steigt das Ausmass dieser Hürden mit der Grösse des Unternehmens und der Anzahl der ausländischen Tochtergesellschaften weiter an. International tätige Firmen haben noch mehr Eigen-, Insel- und Drittlösungen. Dies ist nicht zuletzt durch länderspezifische Unterschiede bedingt. In der Folge werden die Arbeitsprozesse und die Einführung der neuen ERP-Software im Unternehmen verlangsamt: Der Aufwand, um ein ausreichendes Mass an Standardisierung zu erreichen, ist in diesem Fall deutlich höher.

Hinzu kommt, dass der Innovationstrieb auf internationalen Märkten oft stärker ist, weil:

• Es einen Zugriff auf digitale Technologien bedarf, um die Unterschiede zwischen den Ländern effizient zu harmonisieren.
• In vielen Ländern der Digitalisierungsprozess (in Teilbereichen) bereits stärker fortgeschritten ist als im deutschsprachigen Raum. Daher kommt hier innovativen Technologien eine grössere Bedeutung zu.

Diese und andere Faktoren erfordern entsprechende Anpassungen der Vorgehensweise bei der Umsetzung.

Bestandsaufnahme: Process Mining und Business Process Management (BPM)

Herausforderungen, die durch weitverzweigte internationale Unternehmensprozesse entstehen, lassen wenig Spielräume für Entscheidungen aus dem Bauch. Daher erscheint es sinnvoll, einen formellen Prozess zur systematischen Bestandsaufnahme der Workflows und Prozesse im Mutterunternehmen und in den Tochtergesellschaften einzuführen. Hierbei sollte ein Gebrauch von zeitgemässen Ansätzen und neusten Technologien gemacht werden.

Process Mining kann hier für einen guten Einstieg sorgen. Dabei geht es um eine Analyse von Event-, Log- und Protokolldaten, die von unternehmenseigenen IT-Systemen geliefert werden. Auf dieser Grundlage lassen sich Arbeits- und Produktionsprozesse identifizieren, kategorisieren und systematisieren. Dies ist die Grundlage, auf der sich Verbesserungspotenziale realisieren lassen. Einen Schritt weiter geht das Business Process Management (BPM): Damit können nicht nur die Ist-Werte der Prozesse aufgenommen und ausgewertet werden, sondern es stehen auch vielfältige Möglichkeiten der Prozessmodellierung zur Verfügung. Das Business Process Management (BPM) beschränkt sich nicht auf eine rein technische Implementierung von Software, sondern bezieht Geschäftsprozesse schwerpunktmässig mit ein. So kann anhand von Datenanalysen und -modellierungen darüber entschieden werden, welche Prozesse vereinfacht, welche überbrückt und welche durch Standardprozesse und -funktionen, die S/4HANA bereitstellt, ersetzt werden können. BPM lässt sich für eine Prozessgestaltung und später zur Unternehmenssteuerung gerade bei internationalen Unternehmen mit komplexen IT-Systemen hervorragend nutzen.

Neben Technik spielt jedoch auch die Organisation einer internationalen Implementierung eine wichtige Rolle.

Die Bedeutung der Projektorganisation

Organisatorische Fragen sind für internationale S/4HANA Roll-outs aufgrund deren Vielschichtigkeit von entscheidender Bedeutung. Die Tatsache, dass mit steigender Komplexität eines Projektes auch die Anforderungen an das Personal steigen, bleibt jedoch oft unbeachtet. Im unternehmerischen Praxisalltag kommt es daher nicht selten vor, dass Teammitglieder neben dem ERP-Projekt gleichzeitig in mehreren weiteren Projekten arbeiten. Dies kann bei einem Projekt wie einer internationalen S/4HANA Implementierung jedoch schnell nachteilig werden. Um den Erfolg des Vorhabens sicherzustellen, bedarf es einer vollen Aufmerksamkeit der zuständigen Mitarbeitenden und des Managements. Hierbei sollte ferner beachtet werden, dass für eine internationale S/4HANA Einführung auch ein internationaler Support erforderlich wird, sowohl in der aktiven Projektphase als auch danach. Eine mögliche Lösung in diesem Fall könnte sein, dass aussenstehende SAP-Partner mit Aufgaben der Projektumsetzung und des Supports betraut werden.

Der Innovationsdienstleister Zühlke ist so schnell gewachsen, dass die Administration und die Prozesse kaum mithalten konnten. Deshalb entschied sich die Zühlke Group für eine neue SAP-Softwarelösung mit uns als Implementierungspartner. Die neue Lösung S/4HANA Cloud erleichtert die Zusammenarbeit in den Finanz- und HR-Abteilungen zwischen den zehn Gruppengesellschaften enorm. Insbesondere standardisierte Monatsabschlüsse und ein zeitnahes Controlling helfen bei der finanziellen Unternehmenssteuerung. So konnte zum Beispiel die Zeit fürs Monatsreporting halbiert werden, sodass der Aufwand von ehemals zwölf Arbeitstagen auf gerade mal sechs Arbeitstage reduziert werden konnte.

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Weitere Aspekte bei internationalen Roll-outs

Die Stärke von ERP-Lösungen liegt darin, dass sie die Prozesse im Unternehmen vereinheitlichen und standardisieren. Das ist die Basis sowohl für Steigerungen der Produktivität als auch Kosteneinsparungen im Unternehmen. Eine Standardisierung der Prozesse gestaltet sich bei internationalen ERP-Projekten aufgrund weit auseinandergehender lokaler Anforderungen oft als besonders schwierig. Hier kommt es vordergründig darauf an, die Anforderungen gegeneinander abzuwägen und ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Beispiele dafür können sein:

• Eine Entscheidung, inwieweit die Hauptwährung des Stammlandes der jeweiligen Gesellschaft für finanzielle Transaktionen oder internationale Währungen wie der US-Dollar und Euro genutzt werden.
• Eine Strategie, wie man mit lokalen Besonderheiten in Bezug auf Datenschutz, Gepflogenheiten, Arbeitsanforderungen, Sprachbarrieren und kulturelle Unterschieden umgeht.
• Der Umgang mit Eigenentwicklungen und Add-ons, die aus SAP ECC übernommen werden sollen. Beispielsweise müssen dann Menüs, Steuerbefehle und Meldungen, die von der Software im Mutterkonzern ausgeben werden, möglicherweise in die Sprache der Länder übersetzt werden, in denen sich die Tochtergesellschaften befinden. SAP-Partner stellen dazu eigens dafür entwickelte Lösungen bereit.
• Fragen über das Ausmass von Daten, die in S/4HANA übernommen werden sollen: Oft lohnt es sich nicht alle Daten aus den Altsystemen zu übernehmen, sondern nur diejenigen, die für den Betrieb am wichtigsten sind.
• Eine Entscheidung über eine Two-Tier ERP Strategie: Manchmal ergibt es Sinn – vor allem in kleineren oder neu gegründeten Tochterunternehmen – statt S/4HANA eine kleinere ERP-Lösung einzuführen, beispielsweise SAP Business ByDesign. In anderen Fällen kann es vorteilhaft sein, wenn die Muttergesellschaft S/4HANA On-Premises betreibt und die Töchter S/4HANA in der Cloud nutzen.

Ein weiteres wichtiges Thema bei internationalen Roll-outs ist, ob S/4HANA gleichzeitig in allen Gesellschaften eingeführt oder lieber doch phasen- und stufenweise implementiert werden soll. In vielen Fällen wird dies von der individuellen Lage der Organisation abhängig sein. Jedoch empfiehlt sich eine phasen- bzw. stufenweise Einführung grundsätzlich für Unternehmen mit vielen ausländischen Niederlassungen und Gesellschaften. Diese Empfehlung gilt umso mehr, wenn die Tochtergesellschaften und Niederlassungen sich in Ländern befinden, die sehr unterschiedliche Kulturen und Rechtsordnungen haben.

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